Harold Faltermeyer: Top Gun 2 – Maverick, eine neue Filmmusik entsteht

Interview: Gabriele Lechner © Bilder: Harold Faltermeyer, Birgitt Wolff, © Camgaroo/LechnerMedia

Harold Faltermeyer, einer der renommiertesten, international erfolgreichen Komponisten ist unseren Lesern schon seit längerem bekannt. Er ist seit 2017 Jurymitglied des Camgaroo Award und immer wieder einmal berichten wir über seine Arbeit. 2017 veröffentlichten wir ein ausführliches Interview mit ihm, das ihr auf www.camgaroo.com nachlesen könnt. Aktuell hat Harold seine bayerische Heimat verlassen, um direkt in Hollywood vor Ort zusammen mit Hans Zimmer und seinem Sohn Florian, der ihm assistiert, die neue Filmmusik zu „Top Gun 2 Maverick“ (mit Tom Cruise) zu komponieren.

Viele Informationen zum neuen Kinofilm gibt es noch nicht - ein geheimnisvoller Schleier um- weht den Film, selbst die Crew ist noch nicht komplett bekannt. Wir haben uns deshalb auf den Weg gemacht und Harold direkt in LA besucht, um mit ihm über die neue Produktion zu spre- chen. Vor allem interessierte uns, wie sich der Workflow beim Komponieren von Filmmusik in den letzten 30 Jahren verändert hat, am Beispiel von Top Gun.

Wie gefällt es Dir hier in LA?

Persönlich würde ich hier nicht leben wollen, aber ich habe keine andere Wahl. Los Angeles, der „melting pot of creativity“ ist nun mal das Epi-Zentrum der Filmbranche.

Wie unterscheidet sich das Arbeiten für deutsche/ europäische Produktionsfirmen und amerikanische Produktionsfirmen wie Paramount?

Ich glaube, die großen Studios in Hollywood unterscheiden sich grundlegend von denen hier vor Ort oder auch in Europa. Das geht bereits bei den Produktionsbud- gets los bis hin zur akribischen Marktforschung vor der endgültigen Fertigstellung des Films. Die Previews mit „selected audience“ und die darauf folgende Diskussion: „Wie könnte man es noch besser machen“, faszinieren mich immer wieder auf‘s Neue.

1987 wurde Top Gun produziert und Du hast die Film- musik zum großen Teil komponiert. Wie liefen die Arbeitsabläufe damals und was hat sich zu heute verändert?

Damals war das Budget für Musik äußerst knapp bemessen. Alles ging viel gemächlicher zu, obwohl wir immens unter Zeitdruck waren. Es gab noch keine digitale Filmbearbeitung, jeder Schnitt wurde tatsächlich mit dem „Messer“ gemacht. Dann mussten erstmal die Szenen auf Video kopiert werden, damit ich arbeiten konnte. Entscheidungsab- läufe dauerten bald zwei Tage oder noch länger! Heute geschieht alles im Netz, ich bekomme die Filme am Abend jeden Drehtages und es wird erwartet, dass ich am nächsten Tag bereits die super Idee abliefere.

Und wie hat sich Deine Arbeit - das Komponieren selbst verändert.

Grundsätzlich bleibt Komponieren immer das Selbe. Man findet Melodien, Sounds, Rhythmen und bringt diese zur Aufnahme. Meine Kompositionen spiele ich meist mit dem Keyboard ein. Im Gegensatz zu damals ist das heute ungleich komfortabler. Die modernen DAW’s (Digial Audio Workstation) machen die Arbeit extrem leicht. Bild und Ton laufen immer synchron und man kann beliebig viele Versuche speichern. Damals hat man das auf Bandmaschine aufgenommen, verschiedene Versionen zu behalten war sehr limitiert.

Bedeutet „finden“, dass man auf bestehende Aufzeichnungen zurückgreift oder, dass man die sozusagen in sich selbst findet, also komponiert oder ist das eine Mischung, also selbst Komponiertes, an- gereichert mit bestehenden Sounds und Rhythmen aus Sound-Libraries?

Es ist in der Tat eine Melange aus bestehenden Melodien mit neu komponierten. Oft entstehen bei mir Kompositionen, inspiriert durch interessante Sounds.

Habe ich es richtig verstanden, dass Du Filmsequenzen inklusive Ton teilweise im Rohschnitt erhältst und Deine Aufgabe ist es dann, diese mit Musik zu unterlegen? Und was ist, wenn die Sequenzen wieder geändert werden?

Das ist richtig. Man geht heute mehr dazu über, ganze „Suiten“ zu komponieren und nicht unbedingt jeden Cut eines Rohschnitts zu treffen. Der Rohschnitt dient lediglich als Vorlage für die emotionelle Ausrichtung der Musik Wenn Sequenzen geändert werden, kümmert sich meistens der „Music Editor“ darum, die Musik auf den Punkt zu bringen. Dafür hat er von jeder Instrumentengruppe einzelne „Stems“, die er beliebig hin und her schieben kann. Wunder der Technik. (Anmerkung der Redaktion: Stem-Dateien sind offene, mehrkanalige Audio-Dateien, in der sich jede Spur einzeln steuern lässt)

Ist schon bekannt, wann „TopGun 2 Maverick“ in die Kinos kommt?

Geplant ist Ende Juni 2020.

Du hast ja gerade auch 40 Jahre „Hot Stuff“ gefeiert. Der Welthit wurde von Dir, Pete Belotte und Keith Forsey geschrieben und erstmalig von Donna Summer gesungen, seitdem oft gecovert. Hattet Ihr bereits beim Komponieren so eine Ahnung, das könnte ein Hit werden und wie kam der Titel zustande?

Ja, war ein schönes Fest! Pete war leider nicht dabei. Wir brauchten damals dringend Songs für Donnas neues Album und so wurden wir drei einfach in ein Studio „gesteckt“. Pete kam mit einer Pizzaschachtel in den Aufnahmeraum und deutete auf den Aufdruck. „Hot Stuff“ stand auf dem zerknitterten Karton! So ging‘s los und am Nachmittag hatten wir bereits ein passables Demo eingespielt. Donna kam ins Studio, sang das Lied noch mit halbfertigem Text und das war‘s dann auch schon. Ein paar Korrekturen, Overdubs und eine klasse Mischung von Jürgen Koppers, dann ging‘s auch schon zum Mastering Studio.

Das ging ja ruckzuck und war sehr effektiv.

Ja, es war spontan, unbeschwert und offensichtlich höchst kreativ. Letztlich war das Donna Summer‘s größter Hit!

Wir freuen uns jetzt schon, auf TopGun 2! Wie hast Du im letzten Interview gesagt: - „Ein Hit lässt sich nicht aufhalten“ - wir sind gespannt, was Du wieder gezaubert hast! Viel Spaß weiterhin beim Komponieren.